Der Gesetzentwurf zur Reform der privaten Altersvorsorge folgt den Empfehlungen der von der Bundesregierung eingesetzten Fokusgruppe: Diese hatte im Juli 2023 ihren Abschlussbericht vorgelegt und empfiehlt, auf den Zwang zur Beitragsgarantie in der Einzahlphase und zur Verrentung in der Auszahlphase zu verzichten. Kernstück der Reform ist ein Altersvorsorgedepot, das die Sparer unter anderem mit Fonds befüllen können. Ziel ist es, höhere Renditen als bei den bisherigen Riester-Verträgen zu ermöglichen. Gerade Spar- und Auszahlpläne mit Aktienfonds sind bei langen Zeiträumen renditestark.
Die oft geäußerte Befürchtung, dass ein Fondsauszahlplan, eine sogenannte Fondsrente, nicht bis zum Lebensende reicht, ist in der Regel unbegründet. Unsere Berechnungen zeigen, dass in rund 96 von 100 Fällen das Fondskapital bis zum Lebensende reicht. Selbst wenn es vorzeitig aufgezehrt wird, deckt die Fondsrente den größten Teil des Ruhestands ab. Nur in rund einem Prozent der Fälle ist das Kapital fünf oder mehr Jahre zu früh aufgebraucht. Aber auch wenn das Kapital früher aufgezehrt ist, müssen die Fondsrentner keine Angst um ihre Existenz haben. Den Hauptteil der Alterseinkünfte sichert die gesetzliche Rente, einige haben zudem eine Betriebsrente. Die Fondsrente dagegen ist eine private Zusatzrente und dient allein der Lebensstandardsicherung.
Dem geringen Risiko des vorzeitigen Aufzehrens des Fondskapitals stehen beträchtliche Chancen gegenüber. Unsere Berechnung zeigt, dass bei der Fondsrente am Lebensende sogar erhebliche Beträge übrigbleiben, im Schnitt mehr als zwei Drittel des Startkapitals zum Rentenbeginn. Das bietet den Fondsrentnern Flexibilität: Sie können ihre jährlichen Auszahlungen nach guten Börsenjahren erhöhen, ohne das Kapital mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit vorzeitig aufzubrauchen. Das ist mit einer privaten Rentenversicherung nicht oder nur eingeschränkt möglich.
Die Fokusgruppe rät auch, die Idee eines Staatsfonds in der privaten Altersvorsorge nicht weiter zu verfolgen. Hier wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Modelle wie Extrarente, Deutschlandrente oder Bürgerfonds diskutiert. Die Abkehr der Fokusgruppe von dieser Idee ist ein wichtiges Signal. Denn ein Eingriff des Staates in den privaten Markt verhindert Produktvielfalt und fairen Wettbewerb.
Wir setzen uns dafür ein, dass die geplante Reform der privaten Altersvorsorge sobald wie möglich umgesetzt wird. Denn eine weitere Legislaturperiode ohne Reform der privaten Altersvorsorge kann sich Deutschland nicht leisten.
Ein weiteres Kernelement der Altersvorsorgepolitik der Bundesregierung ist der Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Kern des vom Bundeskabinett im Mai 2024 beschlossenen, aber noch nicht im Bundestag verabschiedeten Rentenpakets II ist das sogenannte Generationenkapital. Dessen Erträge sollen künftige Beitragssteigerungen in der gesetzlichen Rente dämpfen. Geplant ist, den für das Generationenkapital notwendigen Kapitalstock ab 2024 zunächst auch über Darlehen von 12 Milliarden Euro pro Jahr zu finanzieren. Die aus dem Kapitalstock zu erzielenden Wertpapiererträge sollen die Darlehenszinsen decken und darüber hinaus ab Mitte der 2030er Jahre die gesetzliche Rentenversicherung stärken.
Investitionen in Produktivkapital mit dem Ziel, die stetig steigenden Steuerzuschüsse für die gesetzliche Rentenversicherung mittelfristig zu reduzieren, begrüßen wir. Kritisch sehen wir jedoch, dass sich die Bundesregierung mit der geplanten Darlehensfinanzierung vom ursprünglich vorgelegten Modell der Aktienrente nach schwedischem Vorbild abzuwenden scheint. In Schweden erfolgt die Finanzierung nicht über ein Staatsdarlehen, sondern über regelmäßige Beitragszahlungen der Arbeitnehmer in einen staatlich organisierten Fonds oder auch in Fonds privater Anbieter.
Rentenpolitische Entscheidungen wirken in der Regel aber erst nach vielen Jahren. Deshalb ist es wichtig, schnell erste Verbesserungen zu erzielen. Dazu gehören flexiblere Garantien. Das gilt sowohl für die betriebliche Altersversorgung als auch für die Riester-Rente. Eine Lockerung der Garantie – auf zum Beispiel 70 Prozent der eingezahlten Beiträge – würde die Rendite für die vielen Millionen Riester-Sparer deutlich verbessern. Für den Gesetzgeber, der für laufende Riester-Verträge einen Bestandsschutz vorgesehen hat, wäre das nicht mehr als ein Federstrich.
Die Absicht der Ampelparteien, höhere Renditechancen in der betrieblichen Altersversorgung zuzulassen, lesen wir als Möglichkeit, stärker in Aktien zu investieren. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz hat die betriebliche Versorgung mit dem Sozialpartnermodell im Jahr 2017 auf ein breiteres Fundament gestellt. Die reine Beitragszusage mit Zielrente und Garantieverbot sowie ein freiwilliges Opting-out bringen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Vorteile. Jedoch nimmt das Modell in der Praxis bisher nur langsam an Fahrt auf. Wir setzen uns dafür ein, garantiefreie Angebote auch ohne tarifliche Einigung und für alle Durchführungswege zuzulassen.
Insgesamt sehen wir das Bekenntnis der Bundesregierung zur privaten und betrieblichen Altersvorsorge positiv. Unser Ansporn ist, einen konstruktiven Beitrag für die anstehenden Reformen zu leisten und auf ein zukunftsorientiertes und langfristig stabiles Altersvorsorgesystem hinzuarbeiten. Positiv zu bewerten ist außerdem, dass die Bundesregierung eine Kernforderung von uns aufgegriffen und den Sparer-Pauschbetrag zum 1. Januar 2023 von 801 auf 1.000 Euro bzw. von 1.602 auf 2.000 Euro für Zusammenveranlagte angehoben hat.
Die Fondsbranche ist der größte Verwalter von Altersvorsorgekapital in Deutschland. Zur Jahresmitte 2023 verwalteten die BVI-Mitglieder 1.780 Milliarden Euro für Altersvorsorgezwecke. Das entsprach 44 Prozent des von der Branche insgesamt verwalteten Vermögens von rund 4.000 Milliarden Euro.